Mittwoch, 18. Februar 2015

Mal was Neues probieren: Occhi-Spitze (Bonus: Occhischiffchen aus Fimo selber machen)

Ich liebe alle Arten von Spitze, und ich finde auch, dass man davon nie genug haben kann. Die Säume von Röcken, Blusenärmel und -ausschnitte, Unterröcke, Taschen, Haarbänder - die Einsatzmöglichkeiten sind beinahe unbegrenzt.  Gerade bei Rocksäumen braucht man auch einmal drei Meter oder mehr. Und wenn es was Schöneres als dünne Polyesterspitze sein soll, kann das schnell ins Geld gehen. Was macht also das findige Fräulen? Genau: Selber machen. Häkeln, Brettchenweben, Makramee - alles schon probiert. Da muss was Neues her: Occhi, englisch: "tatting". Mit seinem ganz charakteristischen Aussehen schreit es förmlich "Handgemacht!" - perfekt. 
Sollte nach erster Einschätzung eine von den Sachen sein, die sich leicht neben dem Fernsehen erledigen lassen, das sonst sowieso gar so öd ist.
Auf zwei sehr unterschiedliche Arten kann man beim Occhi zu recht ähnlichen Ergebnissen kommen: Zum einen kann man die winzigen Knoten über eine Nadel schlagen und dann zusammenziehen. Erinnert ein bisschen an Makramee. Im deutschen Sprachraum häufiger ist das Schiffchenocchi. Hierzu wird der Faden auf ein oder zwei kleine Schiffchen gewickelt und die Knoten dann über ein Schlinge geschlagen, die man zwischen den Fingern hält - ungleich komplizierter, aber die Ergebnisse werden angeblich schöner. Ganz zu schweigen von der grazilen Handhaltung (die kommt hoffentlich noch mit der Übung).

Dazu braucht man:

Häkelgarn Stärke 10 - für den Abend und für den Anfang empfehlen sich helle Farben, damit man sieht, was man tut
eine lange Nadel mit einem möglichst kleinem Öhr - eine Puppennadel ist gut und kann hierzulande auch leichter erworben werden als echte "tatting needles"
ooooder: Fimo und ein Bastelskalpell, um ein bis zwei Occhischiffchen selbst zu fabrizieren

Begonnen habe ich mit Nadelocchi. Aus dem einfachen Grund, weil ich das Material dafür schon zuhause hatte.

Eine sehr hilfreiche Anleitung dazu habe ich auf Instructables.com gefunden. Wenn man der Autorin Schritt für Schritt folgt, hat man nicht nur Grundknoten, Ringe, Picots, Brücken und das Verbinden von Ringen gelernt, sondern auch ein wunderbares, mehr oder weniger gleichmäßiges kleines Blumenornament.

Nadelocchi: Blume nach dieser Anleitung


Als nächsten Versuch wollte ich mich an das eigentliche Ziel meiner Begierde wagen: fortlaufende Spitze, die man dann auch wo drannähen kann. Auf der Grundlage eines Musters aus einem uralten Handarbeitsbuch habe ich einfach mal munter drauflosgeocchit.

Das Ergebnis ist zweifelhaft, ähnelt aber durchaus dem, was man sich gemeinhin unter Occhi vorstellt.

Erstversuch Occhispitze

 Damit man auch sieht, wie das mit der Nadel gearbeitet wird, hier ein Foto vom Work in Progress:

Viele Knoten auf einer langen Nadel
Man schlägt den doppelten Occhiknoten einfach immer wieder über der Nadel an, bis man laut Muster genug Knoten hat, und zieht die Nadel dann durch die Knoten und die entstandene Schlinge zusammen.

So ganz hat mir das Ergebnis nicht gefallen. Da ich aber Occhispitze haben will und nicht so leicht locker lasse, wollte ich es noch mit der Schiffchen-Methode probieren. Die Knoten sind die gleichen, nur werden sie gänzlich anders gebildet. Das ist wirklich kompliziert und wird in diesen You-Tube-Videos so einfach wie möglich erklärt.

Unabdingbar für diese Methode sind die Schiffchen, circa 6 cm lange mandelförmige Spulen, auf die man den benötigten Faden aufwickelt. Solche Schiffchen nun in der mittelgroßen Kleinstadt Graz zu bekommen erwies sich als unmöglich, zumindest mit der Menge an Geduld, die ich aufzubringen imstande war. Aber da gibts doch noch... Fimo.

Ich hab mir einfach zwei unterschiedlich farbige flache Schiffchen fimoniert.

Fimo-Schiffchen und der Versuch einer Blume

Und so hab ich meine Schiffchen gemacht:

Vorbilder waren nicht die dicken Schiffchen mit der Spule in der Mitte, wie man sie überall (nur anscheinend nicht in Graz) kaufen kann, sondern simplere Modelle, die an ein Webschiffchen fürs Bandweben erinnern. Der Vorteil an dieser Art Schiffchen ist, dass sie leichter herzustellen sind und mit ihrer schlichten Form auch recht stylish sind, wie ich finde. Der offensichtlichste Nachteil ist, dass das Garn nicht geschützt ist, sondern man es mehr oder weniger die ganze Zeit in der Hand hat. Aufgrund ihrer offenen Form muss man mit ihnen wahrscheinlich auch ein bisschen vorsichtiger hantieren als mit den ansonsten gebräuchlichen geschlossenen Schiffchen - das ist allerdings reine Vermutung, denn es sind ja die ersten Occhischiffchen, die ich in der Hand habe.

Hier mein selbstgezeichnetes Muster, das etwa 6 cm lang ist.

Muster für die Fimo-Schiffchen

Essentiell sind bei diesem Entwurf die Spitzen rechts und links und natürlich die Löcher, die jeweils mit einem Schnitt mit der Außenkante verbunden werden, um später den Faden auf- und abwickeln zu können: Auf dem Bild oben sieht man diese zwei Schnitte als Bleistiftstriche.

Das Fimo ein bisschen weichkneten und auswalzen, sodass es gleichmäßig etwa einen halben Zentimeter dick war. Dann die Schablone drauflegen und mit einem Bastelskalpell das Schiffchen ausschneiden. Das ging bei mir überraschend einfach. Die Löcher habe ich letztendlich nach Augenmaß größer gemacht, um mehr oder dickeren Faden auf der Spule unterbringen zu können. Dann noch die Kanten glätten, damit der Faden nirgendwo hängenbleiben kann, und die Spitzen vorne und hinten an den Schiffchen schön spitz ausformen - die können beim Occhieren praktisch sein. Nun alles vorsichtig aufs Backpapier manövrieren und dabei darauf achten, dass die beiden Schnitte von den Löchern weg offen bleiben, denn da muss später der Faden durchpassen. Ab ins Backrohr und nach Packungsbeilage aushärten lassen. Fertig!


Das verwendete Fimo ist, falls sich dafür wer interessiert, Effekt-Fimo: Jade und Rosenquarz. Zweiteres finde ich vom Ergebnis her ganz nett, bei der Jade schwanke ich noch zwischen: "Gut, vom Farbton her ist es echt toll." und "Schaut trotzdem irgendwie aus wie grüner Kaugummi.". Aber als Schiffchen funktionieren die beiden Dinger ganz gut , soweit ich als komplette Anfängerin das beurteilen kann. Man kann sie erstaunlich leicht bewickeln und wenn man sie baumeln lässt, wickeln sie sich aufgrund der schräg geschnittenen Schlitze auch nicht von selber ab. Die Schiffchen sind nach dem Erkalten ein wenig weicher, als ich mir das vorgestellt hatte, halten jedoch durchaus die Form und liegen angenehm in der Hand.


Wenngleich meine Schiffchen also etwas unförmig und von eher zweifelhafter Farbe sind, sind sie mit Materialkosten von geschätzten 50 Cent unschlagbar billig und dazu echte Unikate. Auf alle Fälle, würde ich sagen, gut genug, um die Technik einmal auszuprobieren.

Ja, und jetzt bin ich dabei, das occhieren zu lernen. Mehr hoffentlich demnächst.

Montag, 2. Februar 2015

Tutorial: Patchwork für Nicht-Patchworkerinnen - Neunerblöcke

Patchwork fasziniert mich schon lange, da vor allem die gequilteten Decken. Es ist eine grandiose Art, Stoffe wiederzuverwenden und dabei etwas Praktisches herzustellen, vielleicht sogar ein Erbstück. In den USA sind Quilts ja ein ganz großes Ding, und es ist teilweise schon unglaublich, was für Kunstwerke die Quilterinnen dort herstellen. 
Das hat dort eine lange Tradition. Die letzten paar Wochen habe ich mich ganz der Obsession für Laura Ingalls Wilders "Little House"-Bücher hingegeben - bei uns sind sie den meisten als die Fernsehserie "Unsere kleine Farm" bekannt. Die Bücher sind mehr als nur Geschichten für Kinder, sie sind Momentaufnahmen des Lebens am Rande der Zivilisation. Die Autorin schildert sehr anschaulich, wie Dinge des täglichen Bedarfs selbst hergestellt werden, vom Brot über Räucherfleisch, Strohhüte bis zum Blockhaus. Quilts spielen in diesem einfachen, arbeitsamen Leben eine wichtige Rolle, und die Mädchen in der Geschichte nähen von klein auf an den ihren. Immer wieder ist von einem Nine-Patch-Block die Rede, und einen solchen integriere ich nun auch in meine Patchworkdecke.
Ich betrachte mich selbst nicht als Patchworkerin. Dazu fehlt mir die Geduld, die erforderliche Genauigkeit beim Arbeiten und vor allem auch eine gewisse Liebe zum Bügeln. Aber ich möchte eine Patchworkdecke machen, und damit bin ich bereits erstaunlich weit. Manches ist ein bisschen schief, manches würde eine erfahrene Patchworkerin wohl anders lösen - aber es funtioniert und ich mag das Ergebnis. 
Hier also die Anleitung zu den Neunerblöcken, die das ganze ein bisschen mehr Unsere-Kleine-Farm-ig machen sollen.

Das braucht man:

zwei kontrastierende Baumwollstoffe, die zusammenpassen: je eine Stoffbreite (meistens 140cm) mal 15 cm, unbedingt vorgewaschen, damit sie später nicht mehr eingehen oder ausbluten
Schere
Patchworklineal (nicht ganz billig, aber eine Anschaffung, die sich unbedingt lohnt!)
einen weißen und einen dunklen Farbstift
Nähmaschine oder Nadel und Faden und entsprechend mehr Geduld
Stecknadeln



Die fertigen Blöcke werden 9 x 9 cm groß sein, jedes Kästchen davon 3 x 3 cm. Mit der angegebenen Stoffmenge näht man 16 oder 17 Stück, je nachdem, wie breit der Ausgangsstoff ist.

Ich arbeite hier mit einer Nahtzugabe von 1cm. Das bedeutet also, wenn ein fertiges Kästchen 3 cm hoch sein soll, muß jeder Stoffstreifen 3+1+1cm hoch sein, also 5cm. Entsprechend kann man die Maße der fertigen Blöcke auch ganz leicht vergrößern oder verkleinern.

Mahnender Zeigefinger, der vor allem mir selbst gilt: Es ist wichtig, hier so genau wie möglich zu arbeiten, sonst passt später nicht alles so zusammen, wie man sich das vorstellt. Also wirklich alles mit dem Lineal messen, nichts nach Augenmaß, Kanten immer begradigen, bevor man beginnt, genau bügeln.
Aber auch nicht zu viel sorgen! Kleine Unregelmäßigkeiten geben der Handarbeit ja auch Charakter und sehen meist nur für einen selbst schlimm aus.

Stoff, Schere, Stifte, Patchworklineal
Einen der beiden Stoffe flach am Boden oder einem großen Tisch auflegen. Ich nehme die Stoffe der Breite nach, im Bruch einmal gefaltet. Der Stoff liegt also doppelt, Webkante auf Webkante. Ich messe jetzt fünf Zentimeter nach oben und mache da einen Strich über die ganze Breite des Stoffes. Wichtig ist hier, dass der untere Rand so gerade wie möglich ist und die beiden Lagen Stoff exakt übereinander liegen.


Drei 5cm breite Streifen markieren und abschneiden.
Ich nehme zum Markieren meistens Buntstifte oder Bleistifte, weil sie leichter zu verwenden sind als Schneiderkreide. Was man dazu wissen muß: Buntstifte lassen sich unter Umständen nicht auswaschen. Also damit nichts markieren, das am Ende auf dem fertigen Stück zu sehen sein wird!

Die drei fertig abgeschnittenen Streifen.






Vom zweiten Stoff ebenso drei 5cm hohe Streifen abschneiden.

So, jetzt hat man sechs Stoffstreifen, und es geht ans Zusammennähen: einen vom ersten und einen vom zweiten Stoff schöne Seite auf schöne Seite so bündig wie möglich zusammenlegen und mit einer Nahtzugabe von 1cm zusammennähen. Dabei aufpassen, falls der Stoff eine Richtung hat wie bei meinem hellen mit den Streublumen: Es ist schöner, wenn die Blüten der Blumen alle in die gleiche Richtung schauen.


Schöne Seite auf schöne Seite legen und mit 1cm NZG zusammennähen.
Die meisten Nähmaschinen haben Markierungen auf der Stichplatte, die einem helfen, die Nahtzugabe genau einzuhalten. Ansonsten kann man sich auch mit einem Stück Klebeband oder vielleicht einem beherzten Strich mit dem Permanentmarker abhelfen.

Nun an diesen Doppelstreifen noch einen weiteren annähen, sodass das ganze vage einer sehr langgezogenen österreichischen Flagge ähnelt - also dunkel-hell-dunkel, niemals zwei gleiche Streifen nebeneinander.

Einen dritten Stoffstreifen annähen.

Das selbe mit den verbliebenen drei Stoffstreifen wiederholen, nun hell-dunkel-hell. Das Ganze schaut dann aus wie unten und muss noch ausgebügelt werden. Die Nahtzugaben auf die Seite des dunkleren Stoffes bügeln, da sie durch den helleren durchscheinen könnten.

Ausbügeln. Keine Falten hineinbügeln, vor allem nicht neben den Nähten, und sich nicht die Finger verbrennen :(

Nun wieder zurück an den Schneidetisch /-boden. Anfang und Ende jedes der Streifen mit dem Lineal begradigen und dann die Streifen in 5cm breite Stücke schneiden.

Wenn man faul ist, so wie ich, und mit ein bisschen Ungenauigkeit in der fertigen Decke leben kann, legt man den Streifen einmal der Länge nach zusammen (im Bild unten kann man an der Unterkante sehen, dass er doppelt liegt) und arbeitet sich dann sehr, sehr vorsichtig vor, um sich das Stecknadelstecken zu sparen. Spar die Hälfte der Arbeitszeit, da man mit jedem Schnitt zwei Stücke bekommt statt nur eines. Unbedingt vorher testen, ob das die benutzte Schere auch mitmacht, weil da schon so einige Lagen Stoff zusammenkommen!

Stoffstreifen in 5cm breite Stücke schneiden.
Das macht man mit beiden Stoffstreifen. Man hat dann zwei Häufchen mit Stoffstücken, die alle annähernd gleich groß sind. Zurück an die Nähmaschine damit!

Von jedem Häufchen ein Stück nehmen und schön auf schön zusammenstecken. Dabei daran denken, wie herum man es der Nähmaschine füttert, und die Nahtzugaben entsprechend feststecken, damit das Füßchen der Maschine sie nicht mitschiebt und sie so liegen bleiben, wie wir sie mühsam gebügelt haben.

Nahtzugaben feststecken, eventuell noch oben und unten Stecknadeln rein, damit sich nichts verschiebt.

Nur absolut gerade Stecknadeln verwenden und vorsichtig drübernähen, damit es mit der Maschine keine Probleme gibt. Die beiden Stücke zusammennähen, wieder mit einer Nahtzugabe von 1cm.

Zusammennähen


An diese beiden Stücke nun noch ein drittes anfügen. Ob man das rechts oder links tut, ist egal, man darf nur nie zwei gleich Stücke nebeneinander haben. Nun sollte die Sache so ausschauen:

Tada! Fertiger Neunerblock.

Den nächsten Neunerblock gegengleich machen, in diesem Fall also mit nur einem Stück mit zwei dunklen Abschnitten und dafür mit zwei Stücken, die oben und unten einen hellen Abschnitt haben. Ansonsten ab hier immer gleich vorgehen: Nahtzugaben, die gegen die Nährichtung liegen werden, feststecken, und los geht's.

Der zweite Neunerblock
Nun munter immer so weitermachen, bis man am Ende der beiden Stapel angelangt ist. Es kann sein, dass Stücke übrig bleiben, die kann man allerdings sicher wo anders verwenden - so eine Patchworkdecke kann ja ganz schön groß werden.

Es empfiehlt sich, die beiden verschiedenen Neunerblöcke wirklich abwechselnd zu arbeiten, damit man, ohne mitzählen zu müssen, am Schluß von jeder der beiden Arten gleich viele hat.

Wenn man durchgehend nur einen der beiden Blöcke machen will und den anderen gar nicht, könnte man gleich am Anfang den entsprechend weniger gebrauchten der beiden Dreierstreifen zum Zuschneiden kürzer machen. Man sollte dann davon nur halb so viele Abschnitte brauchen. Das hab ich aber noch nicht probiert.


Von hinten sehen die beiden Blöcke wie folgt aus:

Blöcke vor dem Bügeln von hinten. Die Nadeln halten die NZG fürs Foto auf ihrem Platz.

Jetzt noch die Nahtzugaben bügeln, immer schön zum dunkleren Stoff hin. Und fertig!

Das sieht zwar nach sehr viel Arbeit aus, aber geht durch die Serienproduktion überraschend schnell. Nach ein paar Stunden habe ich schon einen ganz netten Stapel mit Neunerblöcken, die darauf warten, an meine Decke genäht zu werden.

Die Früchte der Arbeit.
Die Methode nennt sich strip piecing und läßt sich auch für viele andere Patchworkdesigns anwenden. Hier gibt es eine tolle englischsprachige Beschreibung, in der klassisch mit Rollschneiders geschnitten wird.