Und mit einem Dirndl ist Frau, zumindest hier im grünen Herzen Österreichs auch selten falsch angezogen. Das alles zu einem, wenn frau ein bisschen Arbeit investiert, absolut erschwinglichen Preis.
Also, wieder an die Arbeit!
Das Oberteil zuschneiden
Im ersten Teil haben wir Kittel und Rock zugeschnitten und gehanselt. Jede Menge Handnäherei, die Genauigkeit verlangt und vor allem auch Unmengen an Zeit und Geduld. Die sich aber wirklich lohnen!
Diese vorbereiteten Teile legen wir jetzt einmal zur Seite.
Nun kommt die wirkliche Herausforderung: Der Leib, also das Oberteil.
Ich habe im ersten Teil bereits erwähnt, dass man für das Oberteil nun wirklich ein Schnittmuster braucht und wie frau sich das gegebenenfalls von einem bestehenden Dirndl abnehmen kann.
Die einzelnen Schnittmusterteile habe ich auf Packpapier gezeichnet und ausgeschnitten.
Ich hätte, wenn ich schlau gewesen wäre, Oberstoff und Baumwollfutter zusammen verarbeitet und mir so einiges an Arbeit gespart.So sollte man es also machen:
Futterstoff mit der schönen Seite nach unten auflegen. Oberstoff mit der schönen Seite nach oben drauf. Jeweils alle Falten rausstreichen, damit es nach dem Zuschnitt keine unliebsamen Überraschungen gibt. Nun die Schnittmusterteile auf dem Oberstoff auflegen. Hier darauf achten, dass sie alle gleich ausgerichtet sind. Gekaufte Schnittmuster haben zu diesem Zweck kleine Pfeile aufgedruckt, die man parallel zur Webkante ausrichtet. Wenn frau, so wie ich, eines verwendet, das sie selbst abgenommen hat, empfiehlt es sich, die Teile so hinzulegen, dass sie alle in die gleiche Richtung zeigen, dass also bei jedem Teil auch beim Zuschneiden schon oben dort ist, wo auch beim fertigen Kleidungsstück oben sein wird - ich hoffe, so ist das verständlich erklärt.
Alle Schnittmusterteile sind aufgelegt |
Die Teile feststecken und nun mit Schneiderkreide oder einfach einem farbigen Buntstift die Nahtzugaben einzeichnen: überall zwei Zentimeter, nur unten, seitlich und an den Trägern jeweils fünf Zentimeter. Dirndl sind traditionell so geschnitten, dass sie sich leicht um ein paar Zentimeter ändern lassen, und ich finde das angesichts der Menge an Arbeit, die man beim Nähen hat (und meiner Vorliebe für Schokolade und alles mit Sauerrahm), eine gute Tradition. In der untenstehenden Grafik habe ich das für meine Schnittmusterteile markiert: pink für die vorderen Seitennähte, türkis für die hinteren und dunkelblau für die Zugaben an zur Taille hin - es kann aber sein, dass das bei die ein bisschen anders aussieht, wenn du einen anderen Schnitt hast, z.B. einen mit einem Abnäher unter der Brust.
An den Markierungen 5cm Nahtzugabe markieren statt 2cm |
Dann entlang der Linien der Nahtzugaben ausschneiden.
Anschließend entlang der Papierteile durch den Ober- und den Futterstoff heften, einmal um jedes Teil herum. Das kostet nicht mehr als eine Stunde (idealerweise bei guter Musik oder einer coolen Serie), und so hat man sicher die genauen Maße, ohne Markierungen am Stoff, die sich möglicherweise nicht mehr auswaschen lassen (was mir auch mit Schneiderkreide gerade bei dem Blumenstoff schon passiert ist). Dabei darauf achten, dass man besonders an Ecken wie rechts oben im untenstehenden Bild kleine Stiche macht, um die Kontur später eindeutig erkennen zu können.
Entlang des Papierteiles Ober- und Futterstoff zusammenheften. |
Zwischengefasste Paspeln
Nun hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob frau kontrastfarbige Paspeln haben möchte oder nicht. Klingt jetzt kompliziert, sind aber einfach nur die dünnen rosafarbenen ...Wülste, die bei meinem Vorbild an den Rückenteilungsnähten und auch den Armöffnungen zu sehen sind. Ich habe für diese Paspeln extra mehr vom Schürzenstoff eingeplant. Da dieser bei mir beerenfarbig ist, sind es auch meine Paspeln. So wird das aussehen, wenn es fertig ist:
Paspellierte Rückenteilungsnähte |
Exkurs: Paspelschnur
Paspelschnur mag ich nicht kaufen, nachdem ich einen halben Schrank von Häkelgarn der Stärke 10 aus meiner Brettchenweberinnenzeit daheim habe. Sie ist schnell und in jeder gewünschten Farbe selbst gemacht: eine gute alte Kordel, wie wir sie schon in der Volksschule gedreht haben. Zwischen zwei fixen Punkten in einem möglichst großen Raum (z.B. Türschnalle und Heizkörper) fünf Schnüre spannen, und zwar doppelt so lang wie die fertige Kordel sein soll plus 20 cm. Nun die Schnüre von einem der beiden Fixpunkte abnehmen, Bleistift durch die Schlinge am Ende stecken und ein paar Minuten lang unermüdlich in eine Richtung drehen. Immer schön straff halten. Der Strang wird dabei etwas einspringen und mit der Zeit anfangen, sich zu kräuseln Wenn er das schon sehr heftig tut, den Strang in der Mitte fassen - hier könnte die helfende Hand einer Dritten Partei vonnöten sein - und Anfang und Ende zusammenlegen, vorsichtig um sich selbst wickeln lassen, verknoten und voila: Paspelschnur!
Von dem zusätzlichen Schürzenstoff schneide ich mir jetzt einfach 3cm breite Streifen ab, die etwas länger sind als die Naht plus Nathzugabe, die ich paspellieren will, schlage sie um die Paspelschnur und stecke das mit Nadeln fest.
Paspelschnur in die Paspel legen |
Die so vorbereitete Paspel stecke ich am hinteren Mittelschnittteil entlang der durch Heftfäden markierten Linie fest, so dass die offene Seite der Paspel zur Nahtzugabe des Schnitteiles zeigt und die Kante mit der Kordel darin gerade knapp über die geheftete Markierung reicht (siehe Bild).
Links vom Finger sieht man die Heftnaht, Kordel ist gerade über dieser Naht |
Einmal schnell mit der Maschine relativ weit in der Nahtzugabe drübergenäht, damit das alles hält, ohne dass ich wieder heften muss. Nicht sehr gerade, aber das macht nichts, weil diese Naht später ohnehin nicht mehr zu sehen sein wird.
Paspelband an das mittlere Rückenteil geheftet |
Nun stecke ich das entsprechende rückwärtige Seitenteil an das so vorbereitete Mittelteil, wiederum so, dass die geheftete Markierung des Teils möglichst eng an der vom Paspelband umfassten Paspelschnur liegt. Das ist nicht ganz so einfach, weil die beiden Teile, wenn man sie zum Heften zusammenlegt, in gegenläufige Richtungen gewölbt sind. (Auf allen weiteren Fotos ist bereits eines der Seitenteile angeheftet, und ich zeige alles anhand des zweiten. Funktionieren tut die Sache allerdings eh auf beiden Seiten gleich...)
Das untere Teil wölbt sich nach vorn, das obere nach hinten. |
Am besten ist es, man legt sich das kleinere Teil (in diesem Fall das obenliegende) flach auf und das andere in Falten gelegt darüber. Mit tausend Nadeln feststecken oder heften. Hierbei aufpassen, dass die Paspel gleichmäßig zwischengefasst wird. Das ist eine etwas nervige Friemelarbeit, aber nicht weiter schwierig, wenn man ruhig und langsam vorgeht.
Auf dem Bild unten sieht man, dass meine Nahtzugaben doch nicht überall gleich breit waren. Hätte ich die gewissenhaft ausgemessen, könnte ich die Teile jetzt einfach Kante auf Kante zusammenstecken.
Festgesteckt - es kann genäht werden! |
Die Paspel ist jetzt "zwischengefasst" und los geht's an die Nähmaschine! Mit Hilfe des Reißverschlussfußes immer eng an der unter dem drübergehefteten Teil spürbaren Wölbung des Paspelbandes entlangnähen und damit - hoffentlich - auch mehr oder weniger genau auf der gehefteten Markierung des Seitenteils. Auf ein paar Millimeter kommt es da allerdings nicht an, keine Sorge.
Kordel der Paspel ist zwischen Daumennagel und Reißverschlussfuß - zu weit weg |
Worauf es aber sehr wohl ankommt ist, dass so knapp wie möglich an der Kordel der Paspel entlangenäht wird - nicht ganz einfach, weil man sie ja nur erspüren, aber nicht sehen kann. Ich habe deshalb nach der ersten Naht noch eine zweite gemacht, die knapper an der Kordel entlang geht.
Kordel ist unter der Aussparung des Reißverschlussfußes - besser! |
Der Reisverschlussfuß ist seitlich so gemacht, dass sich die Kordel ein wenig darunter schieben lässt. Nach dieser zweiten Naht ist die Paspel genau, wie sie sein soll: schmal und gut gefüllt :)
Passt! |
Für's zweite seitliche Rückenteil genauso vorgehen wie beim ersten.
Jetzt kann man bei den beiden paspellierten Nähten die Nahtzugaben kürzen und versäubern. Eventuell müssen sie an den Kurven vorsichtig ein wenig eingeschnitten werden, damit sich von außen nichts wölbt. Das ist allerdings ein Schritt, auf den ich gerne verzichte, wenn irgendmöglich. Ich habe immer Angst, dass solche Einschnitte die Haltbarkeit meiner mit Mühe hergestellten Kleidungsstückes beeinträchtigen.
Fertig! |
Besonders gefreut habe ich mich darüber, wie die Ranken der einzelnen Schnittteile ineinander übergehen. Darauf habe ich nämlich beim Zuschneiden nicht wirklich geachtet. Unverdientes Glück...
Das war's für's erste mit den Paspeln. Es folgen noch Paspeln in den Ärmellöchern und um den Ausschnitt - die sind aber entschieden einfacher, weil nicht zwischengefasst wie diese hier.